"Wir wollten keine Rakete neu erfinden, sondern etwas Brauchbares"

 

 

Interview Mareike Borgstedt von der Hamburger Kreativ Gesellschaft mit dem geschäftsf. Gesellschafter Thorsten Schroeder der TRAILER LLOYD Fahrzeugvermietung GmbH & Co. KG

 

Mareike Borgstedt: Trailer Lloyd gibt es seit knapp 30 Jahren. Beschreib mal, wie muss man sich das vorstellen, wenn ein Unternehmen mit einer solchen Historie und Expertise plötzlich von einer Pandemie in die Knie gezwungen wird?

Thorsten Schroeder: Zum einen sind wir als mittelständisches Unternehmen ein Frühindikator für gesellschaftliche und wirtschaftliche Veränderungen, das heißt, wir merken Dinge, bevor es in der Zeitung steht. Die Rezession hat uns deshalb schon im Mai 2019 erreicht, also vor über einem Jahr. Seitdem entwickelt sich unser Geschäft zurück. Die Corona-Krise, die dann im März 2020 aufkam, war natürlich nochmal ein zusätzlicher Nackenschlag. Allerdings sind wir schon vorher aktiv geworden und haben unsere Flotte abgebaut und Fahrzeuge verkauft.

Mareike Borgstedt: Das heißt, ihr hattet schon einen Notfallplan?

Thorsten Schroeder: Ja, so wie viele andere hat uns die Pandemie nicht aus dem Nichts getroffen. Wir hatten schon einige Werkzeuge bereitliegen und konnten sie deshalb schon erproben und benutzen.

Mareike Borgstedt: Und als die Krise dann eingetroffen ist, wie habt ihr reagiert?

Thorsten Schroeder: Wir sind mit 25 Prozent in Kurzarbeit gegangen. Soforthilfe konnten wir nicht beantragen, weil wir die Kriterien nicht erfüllt haben. Unser Unternehmen hat einen Umsatzrückgang von circa 30 Prozent. Das bedeutet für uns in erster Linie weniger Arbeit. Und die Frage ist natürlich immer: Wie viel hast du in der Kasse, um das durchzustehen? Wenn ich nur 14 Tage brauche, bis mein Geschäft nicht mehr tragfähig ist, dann habe ich doch vorher schon etwas falsch gemacht. Glücklicherweise haben wir uns darauf schon 2019 einstellen können. Das beruhigt mich dann doch wieder ein Stück weit.

Mareike Borgstedt: Wie macht sich das rückläufige Geschäft für euch gerade bemerkbar?

Thorsten Schroeder: Der größte Kostenfaktor sind für uns nicht die Mitarbeiter, sondern das Equipment, das wir derzeit nicht mehr vermieten können. Unsere Kunden kann man in zwei Segmente teilen: Die einen nutzen die Miete als zusätzliches Finanzierungsmittel. Das heißt, sie haben beispielsweise ein Drittel im Eigentum, ein Drittel langfristig gemietet und ein Drittel kurzfristig gemietet. Letzteres fällt uns natürlich jetzt vor die Füße, denn das ist das Erste, was abgebaut wird. Die zweite Kundengruppe sind diejenigen mit großen Saisonaufträgen zwischen einem und sechs Monate. Eigentlich ist jetzt Sommer, also eine Zeit, in der viele Getränke gefahren worden wären. Aber die Kneipen hatten bis vor Kurzem alle zu.

Mareike Borgstedt: Inwieweit hat euch das Emergency Lab in dieser Situation weitergeholfen?

Thorsten Schroeder: Trailer Lloyd ist mit 600 Einheiten ja kein riesen Player. Aber wenn jemand anruft und sagt, ich brauche in einer halben Stunde ein Fahrzeug für fünf Tage, dann können wir ihm das vielleicht schneller ermöglichen als andere. Die Schwierigkeit, die wir haben ist nur, dass wir nicht so präsent sind in den Köpfen unserer potenziellen Kunden. Und da kam das Emergency Lab und die beiden Kreativen Maren Heyn und Sean Loomis ins Spiel. Sie haben uns einen detaillierten Kundenfahrplan für die Akquise erarbeitet, mit dem wir den Kunden nicht auf die Nerven gehen, sondern uns durch Kompetenz und frühzeitiges Erkennen von individuellen Services in Erinnerung und Abhängigkeit bringen. Wir wollten nicht unbedingt eine Rakete neu erfinden, sondern etwas, womit wir arbeiten können. Und den Kundenfahrplan wollen wir jetzt mit allen Mitarbeitern einmal in der Woche als gemeinschaftliche Telefonaktion umsetzen.

Mareike Borgstedt: Ist der Kundenfahrplan für euch eine Sofortlösung?

Thorsten Schroeder: Wir haben jetzt ein neues Werkzeug. Ob es eine Lösung ist, wird sich mit der Zeit herausstellen. Du kannst ja mit dem besten Werkzeug arbeiten, aber wenn dein Umfeld nichts hergibt, dann kriegst du auch mit dem besten Werkzeug kein vernünftiges Ergebnis. Und so ist das hier ein Stück weit auch.

Mareike Borgstedt: Wie verlief die Zusammenarbeit zwischen euch und den Kreativschaffenden?

Thorsten Schroeder: Der Impuls kam über das Mittelstand 4.0-Kompetenzzentrum der Handelskammer Hamburg. Und tatsächlich waren meine Erwartungen niedrig, weil ich überhaupt nicht wusste, was mich erwartet. Es sollte ja schon nach zweieinhalb Tagen etwas Brauchbares entstehen. Aber schon am ersten Tag sind wir richtig ins Rollen gekommen. Da war für mich relativ schnell klar: Ja, das bringt mich weiter.

Mareike Borgstedt: Ist das Emergency Lab aus deiner Perspektive als Mittelständler auch für andere aus diesem Sektor attraktiv?

Thorsten Schroeder: Ich denke, daran müsste jeder ein Interesse haben. Aber ich kenne viele, die auch so eine Größe haben wie wir mit 10-20 Mitarbeitenden, die sich da nicht aufgerufen fühlen, weil sie glauben, für so etwas keine Zeit zu haben. Auf der anderen Seite ist aber genau jetzt die Zeit, sich damit zu befassen. Das ist eine Chance, die ich ohne Hilfe von außen nicht erkannt hätte.

Mareike Borgstedt: Danke für das Gespräch, Thorsten!